Safety-Culture, Safety-Mindset, Safety-Leadership?
Safety-Culture, Safety-Mindset, Safety-Leadership?
Wenn Sie mit Mplus und unseren Dienstleistungen vertraut sind, dann werden Sie höchstwahrscheinlich mit dem ein oder anderen neuem Begriff aus dem Arbeitsschutz in Kontakt gekommen sein. Die Rede ist von Worten wie „Safety-Mindset“, „Safety-Culture“ oder „Safety-Leadership“. Zusammengefasst werden sie häufig unter dem Sammelbegriff „Behavior Based Safety“ oder ins Deutsche übersetzt: Verhaltensorientierte Arbeitssicherheit. Für mehr Klarheit wollen wir einen Blick hinter diesen Dschungel englischer Arbeitsschutz-Begrifflichkeiten werfen.
Behavior Based Safety beschreibt eine Methode, wie Verhalten, Einstellungen und Denkweisen von Mitarbeitenden im Sinne des Arbeitsschutzes gestärkt werden. Dazu werden partizipative Möglichkeiten geschaffen, die nicht auf Sanktionen und Belehrungen, sondern auf konstruktives Feedback und Wertschätzung setzen (mehr zu dem Thema in unserem Artikel vom 07.10.2022).
Behavior Based Safety soll also ein sogenanntes „Safety Mindset“ fördern – oder wie wir es nennen: Das Sicherheitsbewusstsein. Zugegeben, das klingt gleich viel altmodischer, meint jedoch das Gleiche. Dieses steht im Wesentlichen für den reflektierten und erfahrungsgestützten Verstand mit einem vernünftigen Urteilsvermögen, das uns möglich macht, unsichere Situationen zu erkennen, einzuschätzen und zu beurteilen. Im stressigen Arbeitsalltag liegen jedoch häufig Bedingungen vor, die diesen Verstand ausblenden lassen. Stetiger Zeitdruck, fehlende PSA, unklare Verantwortlichkeiten, mangelhafte Arbeitsmittel oder der Druck der Vorgesetzten sind nur einige Beispiele, die uns in unsicheres Verhalten bringen können. Unsere Aufgabe aus Sicht des Arbeitsschutzes ist hier die Förderung des Sicherheitsbewusstseins – oder wie es heutzutage genannt wird: Das „Safety Mindset“. Ein moderner Begriff, der noch neuere und innovativere Methoden impliziert, deren Inhalt aber eigentlich schon länger in den Köpfen der Arbeitsschützer schwirrt. Denn bekannterweise nahmen seit Jahrzehnten Arbeitsunfälle technischer Natur immer mehr ab, während Unfälle aufgrund von persönlichem Fehlverhalten immer häufiger wurden. Die Konsequenz daraus ist die Stärkung des verhaltensorientierten Arbeitsschutzes sowie eine Flut an englischen Begrifflichkeiten, die im Grunde ähnliches meinen. Was wir damit sagen wollen: Es kursieren im Internet viele scheinbar neue Methoden, deren Begrifflichkeiten mit englischer Übersetzung geschickt beworben werden. Neben der sprachlichen Thematik stellt sich an dieser Stelle noch die Frage, ob die Lösung immer die Stärkung des „Safety Mindset“ ist. Oder ist es der Prozess, der verbessert werden muss, um unsicheres Verhalten von vorneherein zu vermeiden? Ein Blick in § 4 des Arbeitsschutzgesetzes verrät uns, dass Gefahren an ihrer Quelle zu bekämpfen sind – oder im Sinne des Anglizismus ausgedrückt: Root-cause-analysis. Und dazu sollten wir hinterfragen, analysieren und reflektieren. Vielleicht liegt die Ursache von einem Arbeitsunfall gar nicht am mangelnden Sicherheitsbewusstsein der Betroffenen, sondern an einer schlechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten?
Und zu der sprachlichen Thematik – im Grunde geht es nur um eins: Motivieren für den Arbeitsschutz – ob in Deutsch, Englisch oder anderen Sprachen – und das ist auch gut so. Dazu schauen wir uns jedoch nochmal das Tätigkeitsspektrum der „konservativen“ Fachkraft für Arbeitssicherheit an. Gemäß DGUV Vorschrift 2 ist es Aufgabe der Sifa, bei grundlegenden Maßnahmen der Arbeitsgestaltung bzw. Verhaltensprävention zu unterstützen. Dazu zählt unter anderem die Unterstützung bei Unterweisungen, Betriebsanweisungen, Qualifizierungsmaßnahmen, Information und Aufklärung sowie das Motivieren zum sicherheits- und gesundheitsgerechten Verhalten. Besonders letzteres findet Einklang mit dem Grundgedanken von einem „Safety-Mindset“ oder einer „Safety-Culture“. Wir sehen also, dass die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowieso mit Themen wie Sicherheitskultur und -bewusstsein beschäftigt sein sollte. Und das ganz ohne die Verschleierung hinter englischen, scheinbar neuen Methoden. Bei der Ausführung kann die Motivation zum sicherheits- und gesundheitsgerechten Verhalten natürlich unterschiedlich aussehen und wirken. Methodiken aus der verhaltensbasierten Arbeitssicherheit haben sich laut Studien als sehr wirksam erwiesen, weshalb auch wir davon überzeugt sind und diese gezielt in unsere Arbeit einbringen. Jedoch sind wir ein großer Fan von Kommunikation, die alle verstehen. Wir möchten alle Flughöhen erreichen können – und wenn sinnvoll, dann eben auch in verschiedenen Sprachen.
Quellen:
- Christoph Bördlein, (2021), „Behavior Based Safety – Worum es geht“ in E-Magazin BGHW, verfügbar unter: https://www.bghw.de/e-magazin/behavior-based-safety-worum-es-geht
- Choudhry, R. M. (2014). Behavior-based safety on construction sites: a case study. Accident; Analysis and Prevention, 70, 14-23. https://doi.org/10.1016/j.aap.2014.03.007
- Robert Nehring (2021), „Der gesunde Menschenverstand: Was das ist und wie man ihn anwendet,“ Springer Books, in: Alexandra Hildebrandt & Werner Neumüller (ed.), Bauchgefühl im Management, S. 29-39, Springer.
- Bild: Gestaltet auf Canva