Die Betriebssicherheits-verordnung – aktuell!

Neufassung der Betriebssicherheitsverordnung und ihre Resonanz

Zum 01. Juni 2015 trat die neue Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) in Kraft. Grund genug, dass man sich knapp ein Jahr nach Veröffentlichung des Rechtstextes mit den Ergebnissen der Diskussionen um den Inhalt auseinandersetzt.
Als Grundlage für die Novellierung wird durch das BMAS die Notwendigkeit einer Rechts- und Strukturreform angeführt, welche weitreichendere Wirkung zeigen soll, als einzelne Änderungen, Mangelbehebung und Anpassungen der bisherigen BetrSichV vom 27.09.2002. Zudem werden Anpassungen an europäisches Recht vollzogen, sowie Doppelregelung (u.a. zum Explosionsschutzdokument) mit anderen Rechtstexten beseitigt. Beispielweise werden technische Anforderungen an den Ex-Schutz nun durch die Gefahrstoffverordnung, der Prüfumgang und -fristen durch die BetrSichV geregelt. Die nun ersichtliche vollständige Neufassung lässt sich vorab durch die Betitelung erkennen – bisheriger Titel in abgekürzter Fassung: Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln bei der Arbeit und der Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen (Arbeitsmittel mit hohem Gefahrenpotenzial auch für Dritte); aktueller Titel: „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln“.
Ein Hauptbestandteil ist die Novellierung der Anforderungen an überwachungsbedürftige Anlagen bezüglich Errichten, Betrieb, Prüfung vor Inbetriebnahme und wiederkehrender Prüfung durch eine Zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS). Hierzu zählt auch das Anbringen von Prüfplaketten in Fahrkörben, welche bisher auf freiwilliger Basis erfolgte. Den speziellen Prüfvorschriften zu jenen Anlagen ist ein eigenständiger Teil im Anhang gewidmet. Unter Anderem sind die Prüffristen für Aufzugsanlagen zur Personenbeförderung auf 2 Jahre herabgesetzt worden und können je nach Beurteilung durch eine ZÜS weiter herabgesenkt werden. Die jährliche Zwischenprüfung bleibt unangetastet. Neue Punkte sind darüber hinaus die Benennung von Ordnungswidrigkeiten (u.a. nach Defiziten bei Wartung und Instandhaltung von Aufzugsanlagen), die Berücksichtigung des Unfallgeschehens und von Unfallschwerpunkten sowie das Einfließen von ergonomischen und psychischen Gesichtspunkten, beispielsweise die Beachtung des Demographischen Wandels und im Hinblick darauf die altersgerechte Gestaltung von Arbeitsmitteln. Weiterhin werden überwachungsbedürftigen Anlagen, bei deren Nutzung ausschließlich Dritte gefährden werden, nicht mehr von einer Gefährdungsbeurteilung ausgeschlossen. Abgeleitete Schutzmaßnahmen sind gemäß dem Stand der Technik umzusetzen.
Die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der BetrSichV liegt beim Unternehmer bzw. dem Betreiber, der Arbeitsmittel betreibt oder bereitstellt. Jenem wird jedoch durch die Neufassung mehr Spielraum zur eigenverantwortlichen Prüfung eingeräumt und die Möglichkeit zur Schaffung einer eigenen ZÜS gegeben.
Doch was sind die Probleme, die sich aus der Neufassung ergeben? Anfänglich fällt auf, dass die neue Fassung ohne Übergangsfrist greift. Daraus ergibt sich die Problematik, dass nicht jedem Betroffenen die Inhalte umfänglich bekannt sind und u.U. Haftungsrisiken eingegangen werden. Die einzigen im Text benannten Übergangsfristen betreffen zum Einen die Installation von Zwei-Wege-Kommunikationssystemen in Personenaufzügen, deren Installation bis 2020 umgesetzt sein muss, zum Anderen die Erstellung von Notfallplänen bis 01. Juni 2016. Zudem wird eine grundsätzliche Novellierung gegenüber einer Änderungsverordnung als Kritikpunkt angesehen. Eine scherzhaft anmutende Fragestellung hierzu lautet auch, ob die Neufassung eine „Prüfung vor Inbetriebnahme“ ihrerseits bestanden hätte.
Ein greifbarer Kritikpunkt sind die entstehenden Mehrkosten der Unternehmen, welche durch die Umsetzung der BetrSichV, Nachrüstung von Arbeitsmitteln und Anlagen, Anpassung der Dokumentation und Implementierung in betriebliche Prozesse begründet werden. Erleichterung bietet jedoch die Möglichkeit der Dokumentation in elektronischer Form. Die Anforderungen an die Verfügbarkeit und Aufbewahrungsfrist bleiben bestehen.
Ein weiterer Punkt ist, dass die neue BetrSichV für Arbeitsmittel jeglicher Art (inkl. selbst hergestellte) gilt. Materielle Anforderungen werden als Schutzziele deklariert. Unklarheit herrscht oftmals bezüglich der Frage, ob Prüfungen auf Grundlage anderen Rechtsvorschriften Gleichwertigkeit besitzen. Auch ob die formulierten Schutzziele sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten praxisgerecht umsetzen lassen eignet sich zur Diskussion.

Im Zuge der Neufassung der BetrSichV wurden weiterführende Handlungshilfen erarbeitet. So bietet die TRBS 1151 – genauer Titel „Gefährdungen an der Schnittstelle Mensch – Arbeitsmittel – Ergonomische und menschliche Faktoren, Arbeitssystem“ – Vorgaben zur Umsetzung der BetrSichV in die Praxis. Besonderer Fokus wird hier, wie auch der Titel verrät, auf den Anwender selbst gelegt.
Wie es tatsächlich um die Anlagensicherheit in Deutschland bestellt ist, lässt sich beispielhaft im aktuellen Anlagensicherheitsreport 2015 [1] des VdTÜV sehen.

[1] Link:
http://www.vdtuev.de/news/unabhaengige-pruefungen-sorgen-fuer-sicherheit-vdtuev-stellt-anlagensicherheits-report-2015-vor

Quellen:
Roas, D.: Betriebssicherheitsverordnung; BPUVZ, Heft 06/15, S. 291 ff., 2015
Kolbitsch, M.: Die neue Betriebssicherheitsverordnung 2015; BPUVZ, Heft 05/15, S. 218 ff., 2015